[ Kieler Nachrichten vom 26.1.1998]
GOSPELBOAT in der Heikendorfer Kirche
Es kam ein Schiff, geladen bis an den höchsten Bord mit den bekanntesten Gospels von „He''s got the whole world“ bis „Kumbayah“. Und es legte, schon zum wiederholten Mal, in der evangelischen Kirche Heikendorf an. Das Kirchenschiff war bis auf die letzte Bank gefüllt, und auch auf der Orgelempore fanden Gospel- und Gottesfreunde noch gedrängten Platz.
Die im Takt wippenden „Matrosen“ des Gospel Boats stehen mit bunten Sweatern bekleidet im Altarraum, in den die Sonne beziehungsreich Strahlen auf die Köpfe schickt. Man ist erleuchtet, und schon nach dem ersten „Hallelujah“ sind es auch die Zuhörer. „Bei diesen Gospels können Sie Ihren Gefühlen freien Lauf lassen“, heißt es ermunternd. Der „Gospeltrain“ rollt — „Git on board!“ Das Gospel Boat swingt lebensfroh und bis auf wenige kleine Patzer mit reiner Intonation, im Unisono eine Leistung. Dem runden Chorklang setzen hohe Frauenstimmen gelegentliche Glanzlichter auf. Und in den Soli wagt frau sich sogar zu bluesbehauchten Improvisationen vor, nicht ganz so beseelt wie die schwarzen Stimmen der „native gospel singer“, aber doch ganz in deren Geiste. „Singen befreit die Seele“, heißt es in einer Ansage zur Erläuterung der Texte. Das kann man den Sängern im Gospel Boat sowohl anhören als auch ansehen. Zur Taufe eines Kindes während des Gospelgottesdienstes finden sie nicht nur die passenden Worte („Put your hand in the hand of the man from Galilee“), sondern mit einleitendem Fingerschnippen auch den richtigen rhythmischen Drive. Bei „I heard the voice“ meistern sie auch komplexe Harmonien behende und mit unmittelbarer Energie.
„Oh, happy day“ erklingt zum Schluß, Gospelboat und die Besatzung des Kirchenschiffs in inspirierter Eintracht. Und ein solcher Tag ist es wohl, denn draußen scheint zum Ende des Gospeldienstes die Sonne noch strahlender. JÖRG MEYER